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Dies ist ein berühmtes Gemälde
"Hören des Qin" von dem Kaiser Huizong
(1082 ~ 1135) aus der Song-Dynastie, einer der größten
Künstler in der chinesischen
Geschichte.
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Vereinfacht
ausgedrückt gibt es zwei Arten von Musiktraditionen, nämlich
die klassische und die folkloristische. Musik der „klassischen
Tradition“ verweist auf Kunstmusik oder „anspruchsvolle“
Musik, komponiert von Gebildeten oder Intellektuellen des alten China.
Chinesische klassische Musik hat häufig eine thematische, poetische
oder philosophische Gliederung und wird für gewöhnlich solo
gespielt auf Instrumenten wie der Guqin,
einer 7-saitigen Zither, mit einer über 3000 Jahre gut dokumentierten
Geschichte, oder der Pipa,
einer Laute mit einer 2000-jährigen Geschichte.
Traditionelle Musik im klassischen Sinn ist eng verknüpft mit
Dichtung und verschiedenen Formen des lyrischen Dramas, und ist mehr
oder weniger Poesie ohne Worte. Auf die gleiche Weise wie die Lyrik
versucht die Musik menschliche Gefühle auszudrücken, Leiden
zu lindern und spirituell zu erbauen. Die Instrumente verlangen nicht
nur eine ausgezeichnete Technik, sondern einen hohen Grad an Sensibilität
(und Kraft), um diese raffinierte Klangfülle und tiefen emotionalen
Ausdruck hervor zu bringen.
Dieser Musiktyp wird weiterhin mündlich von Lehrer zu Schüler
tradiert – trotz der seit zwei Jahrtausenden existierenden Notenschrift
für Guqin (bestehend aus einer Kombination von Nummern und Symbolen)
ist es fast unmöglich dieses Instrument nur mit Hilfe der Notenschrift
bzw. ohne einen Lehrer zu erlernen.
Im
traditionellen China spielte der Großteil der gebildeten Menschen
und Mönche klassische Musik als eine Form der Meditation oder
zur Kommunikation mit Freunden und Geliebten. Sie hätten die
Musik niemals öffentlich aufgeführt oder kommerziell betrieben,
geschweige denn sich als „professionelle Musiker“ bezeichnen
lassen (u.a. weil die Musiker der Unterhaltungsindustrie zur unteren
sozialen Schicht zählten).
Bis zum Beginn des 20. Jhs war klassische chinesische Musik der Bildungselite
vorbehalten. Heute darf sie jedeR spielen und sie steht auf dem Programm
fast aller klassischen chinesischen MusikerInnen.
Dennoch ist klassische Musik in Konzerten eher selten zu hören,
nicht zuletzt auf Grund der Einflüsse der sog. „Kulturrevolution“
(1966-1976), als klassische Musik als „bourgeois“ und
geächtet galt. Auch die Einflüsse der modernen Pop-Kultur
seit den 1980ern hatten negative Auswirkungen auf die klassischen
Konzerte.
Während
die Tradition der klassischen Kunstmusik der Elite vorbehalten war,
sind die Quellen der Volksmusik sehr unterschiedlich und vielfältig.
Abseits der Han Chinesen leben zahlreiche Minoritäten-Völker
in ganz China verstreut, jedes mit einer eigenen Musiktradition. Anders
als klassische Musik wurde traditionelle Volksmusik oft vokal (etwa
Liebeslieder) oder mit Instrumental-Ensembles aufgeführt. Die
verschiedenen Volksmelodien dienen mittlerweile als wichtige Quelle
des wachsenden Repertoires zeitgenössischer Musik. Tatsächlich
wurden bereits in vielen zeitgenössischen Kompositionen traditionelle
Melodien in leicht veränderter bzw. musikalisch angereicherter
Form eingebaut.

Une
peinture de la "Cinq dynastie (907-960 AD) montrant le jeu du
pipa
Manche wurden so erfolgreich transkribiert, dass sie als wichtiger
Bestandteil des wachsenden klassischen Repertoires angesehen werden
könnten; etwa der bekannte „Dance of Yi People“ von
Wang Hui-Ran für Pipa Solo. Selbstredend wurden viele dieser
zeitgenössischen Kompositionen „verwestlicht“ –
allein im Gebrauch des westlichen Orchesterapparats.
Doch gibt es ebenfalls eine wachsende Anzahl von KünstlerInnen
und ZuhörerInnen, die begonnen haben, die spirituelle Seite der
klassischen Tradition neu zu überdenken. Es scheint ein Revival
der traditionellen Kultur zu geben als Teil des wachsenden Interesses
an klassischer chinesischer Philosophie, Literatur, Medizin, Tai Chi
und Qi Gong.
Beides
stimmt und hat seine Berechtigung:
Manche der heutigen exzellenten Kreationen werden die Traditionen
von morgen sein. Und authentische traditionelle Musik bleibt immer
zeitgemäß.

(Ausschnitt
aus einer Vorlesung von Liu
Fang an der Julliard School am 19.11.2008 in New York)
©2008
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